Frausein hat viele Facetten. Nicht nur Schwangerschaft, Mutterschaft gehören dazu. Auch die Wechseljahre sind eine besondere Phase im Leben jeder Frau.
Das Klimakterium – wie das Ende der Gebärfähigkeit auch oft genannt wird – ist noch immer ein Tabuthema, vor allem auch im Job. Ab einem bestimmten Alter können Frauen keine Kinder mehr bekommen – eine Eigenschaft, die es nur beim Menschen und bei bestimmten Walarten gibt. Selbst die Wissenschaft rätselt darüber, weshalb Frauen in die Wechseljahre kommen, denn bei nahezu allen Tierarten sind die Weibchen bis zum Lebendende fruchtbar.
Verbunden wird diese menschliche Besonderheit, das Klimakterium, jedoch vor allem mit unangenehmen Begleiterscheinungen wie Hitzewallungen und Reizbarkeit oder sogar verminderter Leistungsfähigkeit. Kein Wunder, dass sich Betroffene oft nicht trauen, das Thema offen anzusprechen, gerade im Arbeitsleben. Aber: Es tut sich was. Bei Arbeitgebern entsteht zunehmend ein Bewusstsein dafür, wie Unternehmen von Mitarbeiterinnen im mittleren Alter profitieren. Statt verschämt wegzuschauen, begegnen innovative Firmen dem Thema Wechseljahre mit einem neuen Verständnisund entwickeln Konzepte, die den Frauen den Arbeitsalltag erleichtern.
Wann beginnen die Wechseljahre?
Auch für die Wechseljahre gilt: Wann sie beginnen, wie sie verlaufen und wann sie enden, ist von Frau zu Frau verschieden. In vielen Veröffentlichungen wird als Durchschnittsalter der Menopause – der letzten Regelblutung – ein Alter von 51 oder 52 Jahren angegeben. Laut der Gesundheitsberichterstattung des Robert-Koch-Instituts von 2020 waren jedoch etwas mehr als die Hälfte der Frauen bei ihrer letzten Periode jünger als 50 Jahre. Als normal betrachtet wird ein Ausbleiben der Regel innerhalb der Altersspanne zwischen 46 und 58 Jahren – ein Lebensabschnitt, in denen die meisten Frauen erwerbstätig sind.
Als Wechseljahre wird die Zeit vor und nach der Menopause bezeichnet, in denen die hormonelle Umstellung stattfindet. Denn der Übergang von der fruchtbaren zur unfruchtbaren Lebensphase der Frau ist ein schleichender Prozess, der sich über viele Jahre, manchmal sogar länger als ein Jahrzehnt, hinziehen kann.
Karrierekiller Menopause? Das Klimakterium erwischt Frauen im besten Alter
Ein weiteres Problem: Die Wechseljahre finden gerade dann statt, wenn Frauen im Job noch einmal richtig durchstarten können. Im Alter von Mitte 40 bis Mitte 50 sind die Kinder oft schon aus dem Haus oder zumindest schon aus dem Gröbsten raus, Beziehungen und finanzielle Verhältnisse sind häufig stabil, die Frauen werden selbstbewusster und wissen,was sie wollen – auch beruflich.
Alles in allem die perfekte Zeit, sich jetzt in Job zu verwirklichen. Dennoch sind Karrieresprünge bei Frauen jenseitsder 45 eher eine Seltenheit, auch beim Gehalt. Woran das liegt, ist unklar. Möglicherweise spielt das Klimakterium eine gewisse Rolle. Denn die Wechseljahre können Beschwerden auslösen, die sich negativ auf das Arbeitsleben auswirken können.
Hitzewallungen, Herzrasen, Schlafstörungen: typische Beschwerden der Wechseljahre
Zunächst die gute Nachricht: Untersuchungen zufolge hat ein Drittel der Frauen keine Wechseljahrsbeschwerden. Bei einem weiteren Drittel macht sich das Klimakterium nur durch leichte Unannehmlichkeiten bemerkbar, mit denen die Frauen relativ gut zurechtkommen. Allerdings leidet ein Drittel der Betroffenen an massiven Einschränkungen, die auch die berufliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigen.
Häufig geht die hormonelle Umstellung mit folgenden Begleiterscheinungen einher:
Hitzewallungen: plötzliches, subjektives Empfinden von Hitze, unabhängig von der tatsächlichen Raumtemperatur, teilweise auch in Verbindung mit spontanen Schweißausbrüchen
Schlafstörungen: Die Betroffenen können oft nicht durchschlafen und liegen nachts lange wach, teilweise in Verbindung mit Hitzewallungen. Die Folge: Müdigkeit und Unkonzentriertheit, die auch im Job zur Belastung wird.
Reizbarkeit: Ähnlich wie in der Pubertät kann die hormonelle Veränderung im Klimakterium zu Angespanntheit, Nervosität und Unsicherheit führen.
Ebenso möglich, aber seltener sind:
· Herzrasen
· Gelenkschmerzen
· Kopfschmerzen
Wechseljahre im Berufsleben – noch immer ein Tabu
Obwohl das Klimakterium ein natürlicher Vorgang ist, den jede Frau durchlebt, ist ein offener Umgang mit dem Thema noch keine Selbstverständlichkeit – gerade auch im Job. Mit hochrotem Kopf während einer Hitzewallung ein Meeting moderieren oder unter Herzrasen im Verkaufsgespräch einen Kunden zu überzeugen ist eine echte Herausforderung. Denn: Das Gegenüber darf davon nichts mitbekommen. Die Wechseljahre zählen zuden letzten großen Tabuthemen der Gesellschaft. Verstecken statt Verständnis lautet meistens die Devise.
Mehr Entgegenkommen seitens der Unternehmen ist hier dringend gefragt. Denn wenn erfahrene Mitarbeiterinnen ihre Potentiale besser ausschöpfen können, profitieren beide Seiten: die betroffenen Frauen und auch der Betrieb. Einige Firmen haben das bereits erkannt und Schritte in die Wege geleitet, mit denen sie ihre Mitarbeiterinnen im Klimakterium besser unterstützen können.
Bestagerinnen erwünscht: Arbeitgeber denken um
Zu den Vorreitern für einen neuen Umgang mit dem Thema Wechseljahre im Arbeitsumfeld gehört zum Beispiel das Unternehmen Kellogg, das für seine Frühstückszerealien bekannt ist. Bei Wechseljahrsbeschwerden gebe es keine klaren Regelungen in der deutschen Arbeitspolitik, obwohl Frauen mitunter so sehr leiden, dass sie in den Vorruhestand gehen, erklärt der Konzern in einer Pressemeldung. Häufig würden die Wechseljahre erlebt wie Krank sein. Dabei könnten bereits kleine Veränderungen im Arbeitsumfeld helfen. Entsprechende Konzepte sind bei Kellogg bereits in Arbeit und werden umgesetzt.
Auch das Softwareunternehmen SAP will Mitarbeiterinnen in den Wechseljahren unterstützenund hat dazu eine Informationskampagne gestartet. Führungskräfte werden außerdem in Schulungen für die Problematik sensibilisiert.
Wie Arbeitgeber ihre Mitarbeiterinnen im Klimakterium besser unterstützen können, zeigt ein Blick nach Großbritannien. Dort wird das Thema bereits von vielen Unternehmen und staatlichen Institutionen aufgegriffen, die mit speziellen Richtlinien und Angeboten auf die Betroffenen eingehen. Der Frauenanteil unter den Erwerbstätigen werde immer größer, heißt es etwa in einer gemeinsamen Veröffentlichung verschiedener Organe der britischen Polizei mit dem Titel Umgang mit den Wechseljahren im Polizeidienst. Die besonderen Bedürfnisse von Frauen in den unterschiedlichen Lebensphasen müssten ernst genommen werden, um die Leistungsfähigkeit von Unternehmen und Behörden nicht zu gefährden.
Was Unternehmen für ihre Mitarbeiterinnen tun können
Doch wie kann die Unterstützung von Mitarbeiterinnen im Klimakterium konkret aussehen? Kellogg hat dazu zum Beispiel Konzepte entwickelt für die flexiblere Gestaltungvon Arbeitszeiten und Home-Office-Regelungen oder auch die Teilnahme an Terminen. Bei Hitzewallungen helfen Ventilatoren am Schreibtisch, bei Stress bieten Wohlfühlräume einen temporären Rückzugsort. SAP setzt verstärkt auf ein besseres Verständnis durch Kommunikation, etwa durch Schulungen und interne Newsletter.
Um herauszufinden, mit welchen Maßnahmen Frauen im Job am besten durch die Menopause kommen, ist vielleicht noch eine gewisse Zeit des Experimentierens nötig. Doch der erste Schritt ist immerhin getan: Das Tabu rund um das Klimakterium im Berufsleben ist gebrochen.
5 einfache Tipps, die denArbeitsalltag erleichtern
Mit ein paar kleinen Tricks können sich Frauen oft auch selbst helfen bei Problemen im Job, die durch die Wechseljahre bedingt sind. Mit diesen 5 Tipps lässt sich manchmal so einiges in den Griff bekommen:
1. Zwiebel-Look: mehrere Kleidungsschichten übereinander zu tragen bewährt sich bei Hitzewallungen
2. Körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Schlafmangel kommunizieren: Kolleg*innen haben oft mehr Verständnis als man denkt
3. Wenn möglich mit Vorgesetzten flexiblere Arbeitszeitmodelle und Home-Office-Regelungen vereinbaren
4. Unnötigen Stress vermeiden und sich auch mal von Kolleg*innen helfen lassen
5. Auf eine ausgewogene Work-Life-Balance achten
Bevor das Klimakterium zur Qual wird, ist aber ein Besuch beim Arzt oder der Ärztin das Mittel der Wahl. Viele Wechseljahrsbeschwerden sind mit einer Hormonersatztherapie gut behandelbar.
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