Gleichberechtigung in Deutschland?
Der diesjährige Bericht des Weltwirtschaftsforums zum Thema Gleichberechtigung stellt Deutschland ein gutes Zeugnis aus: Im Global Gender Gap Report 2023 haben es die Deutschen auf den sechsten Platz geschafft. Doch der Schein trügt. Gerade was die Gleichstellung von Frauen im Beruf angeht, hinkt Deutschland weiterhin hinterher.
Global Gender Gap Report 2023: Deutschland rückt vor
Auf den ersten Blick klingt der aktuelle Global Gender Gap Report nach einer guten Nachricht: Deutschland konnte sich um ganze vier Plätze steigern und liegt nun nicht mehr wie bisher auf Platz zehn, sondern steht auf Rang sechs. Damit gehört Deutschland zu den insgesamt neun Ländern, die sich bei der Gleichbehandlung von Frauen um mindestens 80 Prozent verbessert haben. Vor Deutschland liegen nur Island, das seit 14 Jahren den Spitzenplatz hält,sowie Norwegen, Finnland, Neuseeland und Schweden. Ebenfalls interessant: Auch ein afrikanisches Land ist unter den Top Ten, nämlich Namibia.
Ein Blick auf die Details der Studie relativiert den deutschen Erfolg beim Thema Gleichberechtigung allerdings wieder etwas und zeigt: Die Gleichstellung der Geschlechter findet längst nicht in allen Bereichen statt.
Mehr Gleichberechtigung in Politik und Bildung
Ausschlaggebend für die gute Bewertung von Deutschland in Sachen Gleichberechtigung ist vor allem die Beteiligung von Frauen in der Politik. Aktuell sind knapp 35 Prozent der Bundestagsabgeordneten weiblich. Im Vergleich zur vergangenen Legislaturperiode ist das ein Anstieg von mehr als vier Prozentpunkten. Grund zum Jubeln bietet dieses Ergebnis jedoch nicht. Vor zehn Jahren lag der Frauenanteil im Parlament mit 36,5 Prozent nämlich schon einmal deutlich höher. Langfristig hat sich bei den Karrieremöglichkeiten für Frauen in der Politik allerdings tatsächlich viel getan. Anfang der 1970er Jahre waren gerade einmal knapp sechs Prozent der Bundestagsabgeordneten weiblich.
Auch beim Thema Bildung steht Deutschland gut da. Was den Erwerb des Abiturs angeht, ist das Geschlechterverhältnis nahezu ausgewogen: ImJahr 2021 hatten 26,1 Prozent der Frauen und 27,6 Prozent der Männer die allgemeine Hochschulreife. Beim Studium haben die Frauen die Männer inzwischen sogar überholt: Mit 50,5 Prozent waren im Wintersemester 2022/23 mehr als die Hälfte der Studierenden weiblich. Doch nun kommt die große Überraschung: Bedeutet mehr Bildung auch mehr Einkommen? Bei Frauen offenbar nicht.
Gleiche Gehälter? Fehlanzeige: Keine Verbesserung beim Gender Pay Gap
Ungeachtet der guten Gesamtbewertung stellt der Global Gender Gap Report der deutschen Wirtschaft bei der Gleichbehandlung von Frauen eher ein schlechtes Zeugnis aus. Bei der Angleichung der Löhne hat sich nichts getan. Der Gender Pay Gap – so der Fachbegriff für die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen – liegt bezogen auf alle Berufe und Positionen bei 18 Prozent. In gleichen Arbeitsverhältnissen ist der Gehaltsunterschied nicht ganz so drastisch, doch auch hier müssen sich Frauen mit sieben Prozent weniger Lohn im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen zufrieden geben.
Mehr zum Thema in unserem Beitrag GenderGap
Rückschritte bei Frauen in Führungspositionen
Weiterhin schlechte Karten haben Frauen, wenn sie eine Karriere als Führungskraft anstreben. Nur 29 Prozent der Spitzenpositionen werden an Frauen vergeben. Damit hat sich Deutschland im Global Gender Gap Report sogar verschlechtert und fällt in diesem Bereich auf den Wert von 2018 zurück.
In den Vorstandsetagen der DAX-Unternehmen sind Frauen mit 22,8 Prozent ebenfalls unterrepräsentiert. Hier hat immerhin der Gesetzgeber mit einem Vorstoß für mehr Gleichberechtigung gesorgt: Bestimmte Unternehmen sind verpflichtet, mindestens eine Frau in den Vorstand zu berufen. Nach der Verabschiedung des neuen Gesetzes 2021 stieg der Frauenanteil in den DAX-Unternehmen zwar um rund drei Prozent an, bleibt aber mit weniger als einem Viertel weiterhin niedrig. Ändern könnte sich das durch eine neue Initiative der EU, die vorsieht, Vorstände und Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen künftig zu einem Drittel mit Frauen zu besetzen.
Volle Gleichstellung wird noch Generationen dauern
Doch wie geht es beim Thema Gleichberechtigung insgesamt weiter? Hier zeichnet der Global Gender Gap Report ein eher düsteres Bild. Bis sich die Gleichbehandlung von Mann und Frau weltweit durchgesetzt hat, werden dem Weltwirtschaftsforum zufolge noch mehr als 130 Jahre vergehen. Wenig tröstend erscheint auch die Aussicht, dass Europa deutlich schneller sein und die Gleichstellung der Geschlechter schon in 67 Jahren erreichen könnte. Doch wer kann oder will schon so lange warten?
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