Stärken, Potenziale & Führungsqualitäten – Im Interview mit Hanka Schrader

Shine: Stelle dich und deinen beruflichen Weg unseren Leserinnen bitte in ein paar Sätzen vor:

Hanka Schrader: „Ich bin Hanka Schrader, Co-Gründerin und Geschäftsführerin der Stärkenkompass GmbH. Ursprünglich komme ich aus der Medien- und Agenturlandschaft. Nachdem ich dort viele Jahre Erfahrungen gesammelt habe, wollte ich einen neuen Weg einschlagen. Vor elf Jahren habe ich gemeinsam mit meinem Team den Stärkenkompass ins Leben gerufen – ein digitales Peer-Feedback-Tool, das Menschen dabei hilft, ihre individuellen Stärken und Potenziale zu erkennen und gezielt weiterzuentwickeln​.

Privat lebe ich mit meinem Mann und meinen beiden Teenagern in Hamburg, wo ich gerne beim Yoga oder mit einem guten Buch zur Ruhe komme. Reisen ist meine Leidenschaft – neue Orte zu entdecken, gibt mir immer wieder frische Perspektiven und Energie.“


Shine
: Wie kann man sich am besten bewusst machen, wo die eigenen Stärken liegen? Und was ist mit Stärken, welcher man sich vielleicht kaum oder gar nicht bewusst ist – wie entdeckt man diese?

Hanka Schrader: „Die eigenen Stärken zu erkennen, ist ein Prozess, der viel Selbstreflexion erfordert. Aber egal, wie tief man gräbt, eine wesentliche Perspektive bleibt verborgen – die von außen. Genau hier setzt unser Stärkenkompass an: Er ist ein einzigartiges Tool, das Peer-Feedback nutzt, um dir zu helfen, deine Stärken und Potenziale klarer zu erkennen. Anders als bei herkömmlichen Methoden, die nur auf Selbsteinschätzung beruhen, sammelt der Stärkenkompass anonymes Feedback von Menschen, die dich gut kennen, z.B. Kolleginnen & Kollegen, Freundinnen & Freunden, Familie, deiner Führungskraft. Das gibt dir ein umfassendes, glaubwürdiges und annehmbares Bild deiner Stärken – inklusive solcher, die dir selbst vielleicht noch gar nicht bewusst waren. So bekommst du Informationen zu deinen „Blinden Flecken“ in einer Weise, die nicht weh tut, sondern hochgradig motiviert.

Besonders wertvoll ist dabei deine persönliche "Stärken-Landkarte", die auf Basis deines Feedbacks erstellt wird. Sie zeigt dir nicht nur, wo deine größten Stärken liegen, sondern gibt dir auch konkrete Impulse, wie du sie gezielt einsetzen und weiterentwickeln kannst. So entsteht eine Ressource, die dir hilft, persönliches Wachstum zu fördern und deine Zusammenarbeit mit anderen zu optimieren.“

Shine: Welche Vorteile bringt es, seine Stärken und Potenziale genau zu kennen?

Hanka Schrader: „Wenn wir unsere Stärken kennen und gezielt einsetzen können, macht uns das nicht nur erfolgreicher und motivierter, sondern stärkt unsere Einzigartigkeit. Unsere Stärken sind das, was uns von anderen unterscheidet und uns ermöglicht, wirklich herausragende Leistungen zu erbringen – Mittelmaß reicht in der heutigen Zeit nicht mehr aus. Menschen, die ihre Stärken kennen und anwenden, sind eher bereit, Neues auszuprobieren, Risiken einzugehen und wachsen über sich hinaus. Ein Umfeld, das diese Stärken anerkennt, fördert nicht nur die persönliche Entwicklung, sondern schafft auch Zugehörigkeit und stärkt die Identifikation mit dem Unternehmen. Wenn wir unsere Stärken leben können, bringt uns das langfristig Erfolg und Zufriedenheit – eine Kombination, die unschlagbar ist.“

Shine: Wie geht man mit Schwächen um? Wie macht man sich diese bewusst und in welchem Verhältnis sollte man sich auf die Verbesserung der Schwächen bzw. seine Stärken und Potenziale konzentrieren?

Hanka Schrader: „Natürlich haben wir alle Schwächen, aber der entscheidende Punkt ist, wie wir damit umgehen. Der Fokus sollte auf unseren Stärken liegen, denn sie geben uns die Energie, um voranzukommen. Schwächen hingegen ziehen oft Energie ab – daher ist es wenig sinnvoll, sie in den Mittelpunkt zu stellen. Stattdessen sollten wir unsere vorhandenen Stärken und Potenziale nutzen, um Herausforderungen zu meistern.

Herausforderungen nehmen wir manchmal als Schwächen wahr, weil sie uns an unsere Grenzen bringen. Genau hier zeigt sich der Vorteil von Stärken: Sie sind die Hebel, die uns helfen, diese Herausforderungen erfolgreich anzugehen. Potenziale sind dabei oft schlummernde Stärken – ungenutzte Ressourcen, die enorm wachsen können, wenn wir sie bewusst aktivieren und entwickeln.

Es geht also nicht darum, alle Schwächen auszumerzen, sondern sie dort zu managen, wo sie uns tatsächlich im Weg stehen. Der Fokus auf unsere Stärken und Potenziale bringt uns am schnellsten zu unseren Zielen und führt langfristig zu nachhaltigem Erfolg und persönlichem Wachstum.“

Shine: Aus deiner Coaching-Erfahrung heraus: Kann man auch in einem "falschen Job" stecken? Und wie findet man den Job, der zu den eigenen Stärken und Potenzialen am besten passt?

Hanka Schrader: „Ja, man kann sich durchaus in einem Job wiederfinden, der nicht zu einem passt. Das merkt man oft daran, dass die Arbeit keine Energie gibt, keine echte Erfüllung bringt und Weiterentwicklung mühsam oder kaum möglich ist. Unzufriedenheit und fehlende Sinnhaftigkeit schleichen sich ein, und das Selbstwertgefühl leidet. Wenn man seine Stärken nicht leben kann, fühlt sich jede Aufgabe wie ein Kampf an.

Der Schlüssel, um den richtigen Job zu finden, liegt darin, sich klar zu werden, was einem Energie gibt und wo die eigenen Stärken liegen. Genau hier setzt der Stärkenkompass an. Durch gezieltes Peer-Feedback von Menschen aus deinem Umfeld bekommst du ein authentisches Bilddeiner Stärken – und entdeckst oft ungenutzte Potenziale. Mit diesem Wissen kannst du erkennen, welche Art von Job wirklich zu dir passt und wo du dich entfalten kannst.

In meinen Coachings arbeite ich oft mit Menschen, die genau in dieser Situation stecken. Gemeinsam erarbeiten wir nicht nur eine „Landkarte“ ihrer Stärken, sondern finden auch heraus, wie sie ihre Potenziale in einem passenden Jobumfeld optimal einsetzen und entwickeln können. Und ich bin nicht allein – viele von uns ausgebildete Coaches arbeiten ebenfalls mit dem Stärkenkompass, um Menschen genau dabei zu unterstützen. Es geht darum, die Weichen neu zu stellen und zu verstehen, in welchem Umfeld man wachsen und langfristig erfolgreich sein kann – ohne dabei ständig erschöpft zu sein.“

Shine: Wie haben deine Stärken und Potenziale deinen eigenen Karriereweg beeinflusst?

Hanka Schrader: „In meiner Karriere habe ich früh gelernt, dass es mir Energie gibt, mit Menschen zu arbeiten und ihre Stärken zu entdecken. Mein Empathievermögen und meine Fähigkeit, echte Beziehungen aufzubauen, haben mich dabei stets begleitet. Das war auch der Grundstein für den Stärkenkompass. Der Weg dorthin war auch für mich eine Reise zu meinen eigenen Stärken. Ich habe erkannt, wie wichtig es ist, das, was bereits da ist, anzunehmen und zu feiern – nicht ständig an den vermeintlichen Schwächen zu feilen.

Was mich dabei immer besonders fasziniert hat, ist die Kombination aus Wirksamkeit und Mühelosigkeit. Wenn wir unsere Stärken einsetzen, fühlt es sich oft leicht an und bringt doch die größten Erfolge. Diese Erkenntnis hat nicht nur meinen eigenen Karriereweg geprägt, sondern ist auch die Grundlage des Stärkenkompass als Tool für Menschen und Unternehmen. Es ist ein Instrument, das hilft, Potenziale zuerkennen und weiterzuentwickeln – ganz ohne den unnötigen Fokus auf Defizite.

Heute liegt mein Schwerpunkt darin, Führungskräfte zu befähigen, Stärkenorientierung strategisch in die Unternehmenswelt zu integrieren. Es geht darum, die Entwicklung von Führungspersönlichkeiten voranzutreiben, die ihre Teams durch Stärken gezielt fördern und damit langfristig erfolgreich sind. Der Stärkenkompass bietet die Basis dafür, Unternehmen zu unterstützen, eine Kultur der Wertschätzung und Stärkenorientierung zu etablieren, die sowohl die Mitarbeitenden als auch das Unternehmen selbst auf ein neues Level hebt.“

Shine: Welche Stärken bzw. Potenziale sollte eine gute Führungskraft deiner Meinung nach mitbringen bzw. an welchen sollte sie arbeiten?

Hanka Schrader: „Eine gute Führungskraft muss vor allem echtes Interesse an Menschen haben und in der Lage sein, zuzuhören sowie Anerkennung zu zeigen. Es geht darum, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich Mitarbeitende sicher fühlen und ihr Potenzial entfalten können. Doch in der heutigen, dynamischen Arbeitswelt sind zusätzlich zu diesen wichtigen Stärken auch neue, zukunftsorientierte Fähigkeiten gefragt.

Zukunftsfähige Führungskräfte sollten Resilienz, Anpassungsfähigkeit und vorausschauendes Denken entwickeln. Sie müssen nicht nur auf aktuelle Herausforderungen reagieren, sondern proaktiv innovative Wege finden, um ihr Team und das Unternehmen langfristig erfolgreich zu machen. Kreativität spielt dabei eine zentrale Rolle – sie ermöglicht es, neue Lösungen zu entwickeln und das Team in unvorhersehbaren Situationen zu unterstützen.

Es ist entscheidend, dass Führungskräfte für psychologische Sicherheit sorgen, in der Fehler als Lernchancen gesehen und Mitarbeitende ermutigt werden, Neues auszuprobieren. Die individuelle Entwicklung jedes Einzelnen steht dabei im Fokus – sowohl für die Mitarbeitenden als auch für die Führungskraft selbst.

Der Stärkenkompass unterstützt Führungskräfte dabei, ihre eigenen Stärken und Potenziale zu erkennen und gezielt weiterzuentwickeln. Gleichzeitig hilft er, die Potenziale ihrer Teams zu fördern und die Stärkenorientierung in die Unternehmensstrategie zu integrieren – eine Basis für nachhaltigen Erfolg in einer sich stetig verändernden Arbeitswelt.“

Shine: Wie hilft man als Führungskraft seinem Team, eigene Stärken und Potenziale zu identifizieren bzw. zu erkennen?

Hanka Schrader: „Als Führungskraft ist es entscheidend, ein Umfeld zu schaffen, in dem Feedback als Chance zur Weiterentwicklung verstanden wird. Es geht nicht nur um Lob, sondern darum, den Mitarbeitenden durch konstruktives und zukunftsorientiertes Feedback zu helfen, ihre Stärken und Potenziale zu erkennen und daran gezielt zu arbeiten.

Stärkenorientierte Führung ist der schnellste und effektivste Hebel, um Mitarbeitende zu fördern. Der regelmäßige Austausch über Stärken – ob direkt durch die Führungskraft oder untereinander durch Feedback im Team – gibt den Mitarbeitenden ein klares Bild ihrer Fähigkeiten und Potenziale. So können Aufgaben gezielt den Stärken entsprechend zugewiesen werden, und es entsteht die Motivation, neue Herausforderungen anzunehmen.

Besonders wertvoll ist, dass dieser stärkenbasierte Austausch den Zusammenhalt im Team fördert. Wenn sich die Teammitglieder:innen gegenseitig in ihren Stärken sehen und wertschätzen, wächst nicht nur das Vertrauen untereinander, sondern auch die Identifikation mit dem Team. Gemeinsamkeiten zu feiern und Unterschiede als wertvolle Ergänzung zu nutzen, schafft eine Kultur, in der individuelles und gemeinsames Wachstum gefördert wird.“

Shine: Wie sieht eine stärkenbasierte (Team-)Führung aus? Hat sie auch ihre Herausforderungen?

Hanka Schrader: „Stärkenbasierte Führung bedeutet, den Fokus darauf zu legen, was Menschen individuell auszeichnet und diese Stärken gezielt einzusetzen. Es geht nicht nur darum, dass Mitarbeitende sich in ihren Stärken wiederfinden, sondern auch darum, ein klares Verständnis für ihre Rolle und ihren Beitrag zum Gesamterfolg zu entwickeln. Eine Führungskraft muss dabei die Balance halten: viel Wertschätzung und Anerkennung, aber auch klare Orientierung und Struktur, damit Leistungen innerhalb des Teams sinnvoll gewichtet und gesteuert werden können.

Wertschätzung allein reicht jedoch nicht aus. Ohne konstruktives Aufzeigen von individuellen Leistungen und Bereichen, in denen Wachstum möglich ist, kann es schwer werden, den Unterschied zwischen der eigenen Performance und der der anderen wahrzunehmen. Wenn alles immer nur "toll" ist, fehlt die Chance, sich gezielt weiterzuentwickeln. Eine stärkenbasierte Führung erfordert daher nicht nur positives Feedback, sondern auch Reflexion und Klarheit über Entwicklungsmöglichkeiten.

Besonders wichtig wird diese Balance, wenn Veränderungen anstehen. Um Veränderungen offen und mutig zu begegnen, müssen Mitarbeitende Vertrauen in ihre eigenen Stärken haben und sich wertgeschätzt fühlen. Wenn sie sich ihrer Fähigkeiten sicher sind und wissen, dass ihre Beiträge anerkannt werden, entsteht das Selbstvertrauen, sich aktiv auf Veränderungen einzulassen und sie erfolgreich mitzugestalten.“

Shine: Hast du als Coachin eine persönliche "Lieblingserfolgsgeschichte" zum Thema Stärkenfindung?

Hanka Schrader: „Meine persönliche Erfolgsgeschichte ist tatsächlich die Entwicklung des Stärkenkompass. Bevor ich dieses Projekt startete, war ich lange in einer großen Agentur tätig. Dort war das Tempo hoch, die Anforderungen ebenso. Auch wenn ich strategisch tätig war, hatte ich oft das Gefühl, meine Stärken nicht wirklich einbringen zu können. Empathie, das Gespür für zwischenmenschliche Beziehungen und die Suche nach Tiefe – all das kam in der Agenturwelt oft zu kurz. Mit der Zeit wurde mir klar, dass ich nach etwas suchte, das nicht nur Zahlen und Erfolge misst, sondern Menschen wirklich weiterbringt.

Als wir den Stärkenkompass entwickelten, war es wie ein großes Experiment. Ich habe damals nicht nur an dem Tool gearbeitet, sondern auch an mir selbst – mit all meinen Unsicherheiten und meiner Neugier. Die tägliche Auseinandersetzung mit positiven Feedbackmethoden hat meine Sicht auf Menschen und ihre Möglichkeiten grundlegend verändert. Was mich besonders fasziniert: Es ist ein Prozess, der nie aufhört. Immer wieder entdecke ich neue Facetten, sowohl bei den Menschen, mit denen ich arbeite, als auch bei mir selbst.

Eine besondere Freude bereitet mir, wenn ich sehe, wie Menschen plötzlich anfangen zu strahlen, weil sie sich ihrer Stärken bewusst werden. Da passiert etwas Magisches – es gibt diesen Moment, wo plötzlich klar wird: „Wow, das bin ich wirklich.“ Diese Erkenntnis ist unglaublich kraftvoll und schafft Raum für Wachstum, persönlich und beruflich. Der Stärkenkompass ist nicht nur ein Tool – es ist eine tägliche Erinnerung daran, dass in uns allen viel mehr steckt, als wir glauben.“

Shine: Hast du als Coachin eine persönliche "Lieblingserfolgsgeschichte" zum Thema Stärkenfindung?

Hanka Schrader: „Eine meiner liebsten Erfolgsgeschichten handelt von einer Frau, die zur Führungskraft befördert wurde. Sie war unglaublich empathisch, eine ausgezeichnete Beziehungsmanagerin und im Team sehr beliebt. Doch plötzlich stand sie vor der Frage: Wie soll ich jetzt führen? Sie fühlte sich unsicher: Muss ich klare Ansagen machen? Wie nehmen die anderen das auf?

In unserer Zusammenarbeit haben wir herausgefunden, dass sie ihre Empathie nicht aufgeben musste, um als Führungskraft erfolgreich zu sein. Vielmehr konnte sie ihre Stärke im strategischen Denken als Ergänzung nutzen. Ihre Empathie ermöglichte es ihr, die individuellen Bedürfnisse und Perspektiven ihres Teams zu erkennen, und genau diese Fähigkeit nutzte sie, um strategisch fundierte Entscheidungen zu treffen – nicht nur aus der Distanz, sondern mit einem echten Blick auf die Menschen hinter den Aufgaben.

Mit dieser Kombination aus Empathie und Strategie gelang es ihr, ihre Rolle auf ihre ganz eigene Art zu füllen – klar und gleichzeitig mitfühlend. Sie gewann das Vertrauen ihres Teams, indem sie individuelle Stärken erkannte und gezielt förderte, was das Team als Ganzes nach vornebrachte. Die Erfahrung zeigte ihr, dass sie authentisch bleiben kann und sich trotzdem als Führungskraft weiterentwickeln kann. Diese Kombination aus Einfühlungsvermögen und strategischer Weitsicht machte sie zu einer kraftvollen und zugleich authentischen Führungspersönlichkeit.“

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