Shine: Warum ist das Thema Networking gerade für Frauen so wichtig?
Monika Scheddin: „Frauen sind spitze darin, andere zu unterstützen. Um Hilfe zu bitten, fällt ihnen dagegen nicht so leicht. Die Haltung ist beim Netzwerken viel wichtiger als sämtliche Tools: Sich etwas zu trauen. Nicht beleidigt sein zu müssen, wenn jemand nicht reagiert, sondern mindestens zwei Mal nachzufassen. Sich eine Mischung aus professionellem und spielerischem Vorgehen antrainieren.“
Shine: Ob fest angestellt oder selbstständig - warum lohnt es sich in beiden Fällen, sich ein Netzwerk aufzubauen bzw. das bestehende Netzwerk weiter auszubauen?
Monika Scheddin: „Ohne andere Menschen kommen wir im Leben nicht voran. Wir brauchen Kunden, Lieferanten und Sparringspartner. Ob wir einen Handwerker suchen oder Mitarbeiter oder einen Pflegedienst für ein Elternteil – wer über ein gutes Netzwerk verfügt und seine Leute gut behandelt, kommt besser und freudvoller durchs Leben.
Selbständige möchten sich einen Kunden- und Lieferantenstamm aufbauen. Andere wollen ihre Sichtbarkeit erhöhen, Resonanz bekommen oder Erfahrungen austauschen. Der erste Schritt ist: sich die eigenen Ziele bewusst zu machen:
Wer/was bin ich? Wofür stehe ich?
Was sind meine Themen – und was kann ich anderen bieten?
Was macht mich oder mein Angebot besonders, einzigartig?
Wo möchte ich in zwei, fünf oder zehn Jahren stehen?
Wer ist schon dort, wo ich sein möchte?
Wer oder was kann mir in der Erreichung meiner Ziele und Wünsche behilflich sein?“
Shine: Welche ersten Schritte würden Sie einer Frau empfehlen, die beim Thema Netzwerkaufbau ganz bei Null anfängt?
Monika Scheddin: „Ich würde genau hinschauen: Die Personen, die schon da sind, wo ich gerne wäre: Wo tummeln die sich? Was tun oder lassen sie? Was kann ich von ihnen lernen.
Investieren Sie in ein Mittagessen und laden Sie diese Person mit sympathischen und warmherzigen Worten ein und stellen all Ihre Fragen.
Die ersten zwei Jahre der Unternehmensgründung empfehle ich jeden Abend raus auf die Piste zu gehen: Kontakte knüpfen, Kundschaft, Konkurrenz und den Markt verstehen lernen. Danach darf es etwas weniger werden. Ich persönlich investiere im Durchschnitt eine Stunde täglich für mein Netzwerk. Das absolute Minimum: pro Woche einen neuen Kontakt herstellen und einen bestehenden Kontakt pflegen.“
Shine: Wie vernetzen sich Selbstständige am besten?
Monika Scheddin: „Indem sie Initiative ergreifen. Zum Telefonhörer greifen, eine Nachricht schicken, einladen, etwas vorschlagen. Nur erschreckende 5 % aller Menschen sind Macher, 15 % sind Mitmacher (wenn ihnen die Sache sympathisch ist). Alle anderen (80 %!!!) sind reine Konsumenten. Das kennen wir aus dem privaten Bereich: die, die einladen und die, die niemals einladen.
Am meisten belohnt werden die MacherInnen.“
Shine: Was bedeutet Authentizität beim Networking und wie wichtig ist diese? Wie traue ich mich, authentisch zu sein und wie bleibe ich es?
Monika Scheddin: „Gerade zu Beginn des Netzwerkens ist Authentizität das falsche Ziel. Ich wäre anfangs am liebsten schnell nach Hause gegangen, wenn ich in Stehtisch-Situationen die Initiative übernommen habe, nachgefragt, Interesse gezeigt habe und das Gegenüber sich aber nur für sich selbst interessiert hat. Aller Anfang ist mühsam. Es dauert ein wenig, wirklich Freude beim Netzwerken zu gewinnen. Du bist interessant, wenn du interessiert bist. Also sei interessiert.
Authentizität ist nichts, was wir selbst bestimmen, sondern unser Umfeld – wenn sie uns besser kennengelernt haben.
Mutig und merk-würdig sind bessere Wirkungen.“
Shine: Wie geht "gutes / wertvolles" Netzwerken? Und was sind absolute No-Gos?
Monika Scheddin: „Jeden Tag aufs Neue entdecke ich „Ungeschicktheiten“. Gerade eben postet jemand auf Linkedin einen wertvollen Beitrag. Jemand anders kommentiert: „Tolle Idee, das habe ich auch in meinem Buch XYZ beschrieben. Hier ist der Amazon-Link“. Die meisten Menschen verstehen das Prinzip Anstand – manche aber auch nicht.
Ja! Ein Ziel verfolgen, rausgehen, Veranstaltungen besuchen. Großzügig sein, sich Mühe geben für andere, Menschen einladen. Ganz viel Wertschätzung zeigen, anderen helfen und sie weiterempfehlen. Eine Datenbank haben und pflegen. Irgendwann ein eigenes, kleines, feines Netzwerk gründen. Und wenn es nur 6 Personen sind, die sich 2 Mal jährlich für einen halben Tag treffen.
Nein! Kontakte nicht pflegen. Sich nicht bedanken. Andere nicht sehen. Rosinenpicker sein. Lästern oder über andere schlecht reden.“
Shine: Bedeutet Networking gleich, dass man eine Personal Brand ist?
Monika Scheddin: „Nein. Für diesen Wiedererkennungswert muss man mich zumindest kennen. Da können Jahre für ins Land gehen. Man sagt, es braucht ca. 10.000 Stunden, um die eigene Expertise zu untermauern. Umgerechnet sind es zehn Jahre. Freudvolles Dranbleiben, Kontinuität – das ist Netzwerken auch.
Netzwerken ist nicht Geben und Nehmen. Netzwerken ist Geben und Bekommen. Den Sack der Chancen und Möglichkeiten proppenvoll machen und sich dann überraschen lassen.“